Herausgabe von Prüfergebnissen

der „Schutzmasken“ des Bundesministerium für Gesundheit

In der Drucksache 19/21798 wird ausgeführt:

Darüber hinaus war es den KVen möglich, in direktem Kontakt mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BMG oder des Betriebsführers zu treten, um mögliche Fragen in Bezug auf mangelhafte Masken beziehungsweise mangelhafte Qualität zu erörtern (siehe auch den 3. Beschaffungsbericht, in dem darauf hingewiesen wurde, dass alle Prüfungsergebnisse gelistet und zum Abruf durch die Zieladressaten bereitgestellt werden, Anlage 1).

Bundestag Drucksache 19/21798 vom 21.08.2020 Seite 9

Alle Prüfungsergebnisse werden gelistet und zum Abruf durch die Zieladressaten bereitgestellt.

Bundestag Drucksache 19/21798 vom 21.08.2020 Seite 29

Die Anfragen für Zieladressaten des Masken-Hilfspaketes sowohl durch mich als auch den Zieladressaten selbst, brachte keine Ergebnisse. Auch eine Anfrage nach Informationsfreiheitsgesetz (schließlich werden die Dokumente herausgegeben). Daher wurden die „Schutzmasken“ getestet und einige zeigten deutliche Mängel aus, über die das Bundesministerium für Gesundheit informiert worden ist.

Daher stellte ich am 30.01.2021 Antrag auf den Informationszugang zu der Prüfergebnisliste.

Am 27.04.2021 wurde in der Bundestag Drucksache 19/28727 auch danach gefragt und am 31.05.2021 erging folgende Antwort:

4. In welcher Form sind die durch die Firma Emix gelieferten Masken durch das BMG überprüft worden, und mit welchem Ergebnis (wenn möglich bitte die Prüfprotokolle sowie die Prüfergebnisse übermitteln)?

Schutzmasken (Partikelfiltrierende Halbmasken und OP-Masken), die das BMG im Rahmen der COVID19-Pandemie beschafft hat, wurden in den in der Vorbemerkung im Einzelnen dargestellten standardisierten Verfahren qualitätsgeprüft, um ihre Eignung im Rahmen der Corona-Pandemie zum Zweck des Infektionsschutzes für den festgelegten Personenkreis sicherzustellen.
Prüfprotokolle und Ergebnisse der Qualitätsüberprüfungen der vom BMG zur Verfügung gestellten Schutzmasken unterliegen dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnisschutz. Die Herausgabe der Prüfergebnisliste hätte insbesondere das Bekanntwerden der jeweiligen Hersteller zur Folge, von denen die Unternehmen ihre Schutzmasken bezogen haben. Dies wiederum ließe Rückschlüsse auf die Produktionskanäle der entsprechenden Unternehmen und damit auf Tatsachen zu, die nach den berechtigten Interessen und Willen der Unternehmen lediglich einem begrenzten Personenkreis zur Verfügung stehen.

Bundestag Drucksache 19/30186 vom 31.05.2021 Seite 14

Bereitstellung von Prüfberichten zu vom Bund beschafften partikelfiltrierenden Infektionsschutzmasken (CPI-Prüfgrundsatz) in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages

[…]

Ergänzender Hinweis: In den übermittelten Prüfberichten werden SARS-CoV-2-Pandemie Atemschutzmasken mit „CPA“ abgekürzt. Diese Abkürzung ist nicht mit dem „CPA-Prüfgrundsatz“ der Zentralstelle für Sicherheitstechnik (ZLS) zu verwechseln. Zur Qualitätsprüfung wurde ein vom BfArM, TÜV Nord und BMG entwickelter Prüfgrundsatz angewandt. (CPI-Prüfgrundsatz)

Aus einem Schreiben des BMG an den Bundestag am 23.06.2021

Da liegen die Prüfprotokolle zumindest vor dem Zugriff von fachkundigen Personen sowie der Marktüberwachungsbehörde sicher verwahrt.

Am 01.06.2021 wurde beim Antrag nach Informationsfreiheitsgesetz vom 30.01.2021 mit folgender Begründung abgelehnt:

Die Bereitstellung der Prüfergebnisse erfolgt dergestalt, dass diese den jeweiligen Unternehmen bzw. auch Empfängern der Schutzmasken auf Anfrage übersandt werden, sofern diese ein berechtigtes Interesse an der Einsicht haben. Den Unternehmen wird hierbei lediglich Einsicht in die Prüfergebnisse der von ihnen gelieferten Schutzmasken gewährt. Die Bereitstellung findet bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen weiterhin statt.

Auszug aus dem Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit vom 01.06.2021

Wenn die Bereitstellung weiterhin erfolgen würde, wäre eine Anfrage nach Informationsfreiheitsgesetz nicht notwendig gewesen.

Die Bereitstellung aller Prüfergebnisse wurde wie folgt abgelehnt:

Nach § 3 Nummer 1 Buchstabe g Alternative 1 IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens haben kann. Es genügt die bloße Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen. […]

Ferner können die beantragten Informationen auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter betreffen, namentlich der Unternehmen, die die persönliche Schutzausrüstung geliefert haben, betreffen […] Die Herausgabe der Prüfergebnisliste hätte insbesondere das Bekanntwerden der jeweiligen Hersteller zur Folge, von denen die Unternehmen ihre Schutzmasken bezogen haben. Dies wiederum ließe Schlüsse zu, die nach den berechtigten Interessen und Willen der Unternehmer lediglich einem begrenzten Personenkreis zur Verfügung steht.

Auszug aus dem Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit vom 01.06.2021

Interessant ist, dass es sich wieder um die Lieferung von persönlicher Schutzausrüstung handelt, wenn das Bundesministerium für Gesundheit doch die Auffassung vertritt, dass es eben dies gar nicht ist, sondern Medizinprodukte mit Sonderzulassung.

Darauf hin habe ich am 11.06.2021 erwidert, dass die Prüfergebnisliste sicherlich durch eine Schwärzung der Lieferanten ohne größeren Aufwand die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse schützen könnte. Des Weiteren sei ja dem Urteil LG Bonn 1 O 280/20 zu entnehmen, dass die Prüfberichte die Lieferanten gar nicht aufführen.

Auch dies wurde am 06.10.2021 vom Bundesministerium für Gesundheit mit folgenden Begründungen abgelehnt. Es muss etwas ausführlicher geschehen, weil es nicht nur den Informationsszugang, sondern auch die Rolle des Bundesministeriums für Gesundheit näher beleuchtet. (Vorab – auf die Möglichkeit der Schwärzung wurde gar nicht eingegangen.)

Gemäß § 3 Nummer 4 IFG besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Informationen einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungspflichten unterliegt.

Das ist vorliegend der Fall. Die von Ihnen begehrten Prüfberichte werden seit Juni 2021 als Verschlusssache „VS-Vertraulich“ i.S.v. § 3 Nummer 4 IFG i.V.m. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) eingestuft.

Auszug aus dem Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit vom 06.10.2021

Das bedeutet, dass die Argumentation sich innerhalb des gleichen Sachverhaltes geändert hat. Vorher ware es das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der Lieferanten, nun sind diese Prüfprotokolle im Juni 2021 eine Verschlusssache geworden. Interessant auch, dass dieses nicht bereits während der laufenden Gerichtsverfahren passiert ist, sondern erst nachdem die Kleinen Anfrage vom 27.04.2021 und der Anwort vom 31.05.2021 gestellt worden ist.

Spannend ist aber auch der Blick auf die Rolle des Bundesministeriums für Gesundheit:

In der Begründung zum IFG ist aufgeführt: „Das fiskalische Interesse ist dadurch gekennzeichnet, dass der Staat wie ein Dritter als Marktteilnehmer am Privatrechtsverkehr und am Wirtschaftsleben teilnimmt und seine wirtschaftlichen Informationen ebenso schutzwürdig wie die Privater sind. […]

Genau diese „Gefährdungslage“ ist vorliegend gegeben. Der Bund hat sich am Privatrechtsverkehr und Wirtschaftsleben durch den Einkauf von persönlicher Schutzausrüstung (in verschiedenen Beschaffungsverfahren unter Prüfung der gelieferten Güter) beteiligt. […]

Auszug aus dem Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit vom 06.10.2021

War es nicht das gleiche Bundesministerium für Gesundheit, welches den Bundestag wie folgt informierte:

Das Produktsicherheitsgesetz gilt einschließlich der darin vorgesehenen Meldepflichten nur, wenn „im Rahmen einer Geschäftstätigkeit“ Produkte auf dem Markt bereitgestellt, ausgestellt oder erstmals verwendet werden (§ 1 Absatz 1 Produktsicherheitsgesetz). Es gilt außerdem nicht für Medizinprodukte (§ 1 Absatz 3 Nr. 5 Produktsicherheitsgesetz). Das Produktsicherheitsgesetz einschließlich der Überwachung durch die Marktüberwachungsbehörden gilt daher nicht für den Bund, da dieser nicht im Rahmen einer Geschäftstätigkeit tätig wird.

Bundestag Drucksache 19/30186 vom 31.05.2021 Seite 17-18 (Hervorhebungen durch mich)

Auf der einen Seite, wenn es um die Frage der Einführerpflichten und darum unsichere Produkte, die eine Gefährdung für die Gesundheit und das Leben der Beschäftigten darstellen, geht, dann erfolgt alles was das Bundesministerium für Gesundheit tut nicht im Rahmen einer Geschäftstätigkeit und auf der anderen Seite, wenn es um die Informationsfreiheit geht, dann nimmt das Bundesministerium für Gesundheit „wie ein Dritter als Marktteilnehmer am Privatrechtsverkehr und am Wirtschaftsleben“ teil.

Mit anderen Worten:

  • wenn wir Informationen zu poteniell gefährlichen Produkten herausgeben sollten, dann sind wir Marktteilnehmer und haben Ausnahmen von der Informationsfreiheit
  • wenn es um die Produktsicherheit geht, dann handeln wir nicht im Rahmen einer Geschäftstätigkeit – selbst wenn diese fiskalische Interessen des Bundes betrifft

Stark verkürzt – der Schutz der Gesundheit und des Lebens der Beschäftigten und Versicherten, die die „Schutzmasken“ des Masken-Hilfspaketes erhalten haben, scheint mehr als nur fragwürdig zu sein.