Rolle des Bundesministeriums für Gesundheit

im Sinne der PSA-Verordnung (EU) 2016/425 und Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung (MedBVSV)

Der Bundesminister für Gesundheit hat in der Verordnung zur Beschaffung von Medizinprodukten und persönlicher Schutzausrüstung bei der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Epidemie folgendes festgelegt:

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist Einführer im Sinne von § 3 Nummer 26 des Medizinproduktegesetzes und Artikel 3 Nummer 3 und 6 der Verordnung (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG des Rates (ABl. L 81 vom 31.3.2016, S. 51), wenn sie im Rahmen eines von ihr seit dem 27. März 2020 beauftragten Beschaffungsprogramms Medizinprodukte oder persönliche Schutzausrüstung in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verbringen lässt.

MP-PSA-Beschaffungs-VO vom 08.04.2020

Damit ist erst einmal festgelegt welche Rolle und damit welche Pflichten die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Beschaffung hat.

Artikel 3 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
3. „Inverkehrbringen“ die erstmalige Bereitstellung einer PSA auf dem Markt der Union;
6. „Einführer“ jede in der Union ansässige natürliche oder juristische Person, die PSA aus einem Drittstaat auf dem Markt der Union in Verkehr bringt;

PSA-Verordnung (EU) 2016/425

Damit einher gehen die Pflichten eines Einführers:

Artikel 10 Pflichten der Einführer
(1) Die Einführer bringen nur konforme PSA in Verkehr.
(2) Bevor sie PSA in Verkehr bringen, gewährleisten die Einführer, dass das einschlägige, in Artikel 19 genannte Konformitätsbewertungsverfahren vom Hersteller durchgeführt wurde. Sie gewährleisten, dass der Hersteller die technischen Unterlagen erstellt hat, dass die PSA mit der CE-Kennzeichnung versehen ist und ihr die erforderlichen Unterlagen beigefügt sind und dass der Hersteller die Anforderungen des Artikels 8 Absätze 5 und 6 erfüllt hat.

Ist ein Einführer der Auffassung oder hat er Grund zu der Annahme, dass eine PSA nicht mit den anwendbaren grundlegenden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen nach Anhang II übereinstimmt, darf er diese nicht in Verkehr bringen, bevor die Konformität der PSA hergestellt ist. Wenn mit der PSA ein Risiko verbunden ist, unterrichtet der Einführer außerdem den Hersteller und die Marktüberwachungsbehörden hiervon.

PSA-Verordnung (EU) 2016/425 (Hervorhebungen durch mich)

Da die beschafften Schutzmasken nicht der PSA-Verordnung (EU) 2016/425 entsprachen, wurde eine Ausnahme geschaffen.

§ 9 Bereitstellung von persönlichen Schutzausrüstungen im Kontext der COVID-19-Bedrohung
(1) Soweit es zur Bewältigung der vom Deutschen Bundestag nach § 5 Absatz 1 Satz 1 IfSG festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite und der damit verbundenen Mangelsituation erforderlich ist, dürfen persönliche Schutzausrüstungen im Sinne des Artikels 3 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG des Rates (ABl. L 81 vom 31.3.2016, S. 51), die in den Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, Australien oder Japan verkehrsfähig sind, auf dem deutschen Markt durch einen Wirtschaftsakteur im Sinne des Artikels 3 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2016/425 bereitgestellt werden. Die Verkehrsfähigkeit der persönlichen Schutzausrüstungen in der Bundesrepublik Deutschland kontrolliert die zuständige Marktüberwachungsbehörde nach § 25 Absatz 1 des Produktsicherheitsgesetzes.
(2) Persönliche Schutzausrüstungen im Sinne des Artikels 3 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/425 aus anderen als den in Absatz 1 genannten Staaten können auf dem deutschen Markt durch einen Wirtschaftsakteur im Sinne des Artikels 3 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2016/425 bereitgestellt werden, wenn in einem Bewertungsverfahren durch eine geeignete Stelle auf Grund eines von der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik auf ihrer Internetseite veröffentlichten Prüfgrundsatzes festgestellt wurde, dass sie ein den grundlegenden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen nach Anhang II der Verordnung (EU) 2016/425 vergleichbares Gesundheits- und Sicherheitsniveau bieten. Die Verkehrsfähigkeit der persönlichen Schutzausrüstungen in der Bundesrepublik Deutschland nach Satz 1 kontrolliert die zuständige Marktüberwachungsbehörde nach § 25 Absatz 1 des Produktsicherheitsgesetzes.
(3) Persönliche Schutzausrüstungen, die nach Maßgabe des Absatzes 2 Satz 2 von der zuständigen Marktüberwachungsbehörde nach § 25 Absatz 1 des Produktsicherheitsgesetzes als verkehrsfähig angesehen werden, sind von ihr mit einer Bestätigung zu versehen, die jeder Abgabeeinheit beizufügen ist und Auskunft darüber gibt, dass es sich um persönliche Schutzausrüstungen handelt, die nach Absatz 2 Satz 1 und nicht nach der Verordnung (EU) 2016/425 bereitgestellt werden.
(4) Persönliche Schutzausrüstungen, die nach Maßgabe von Absatz 1 Satz 2 oder Absatz 2 Satz 2 von der zuständigen Marktüberwachungsbehörde nach § 25 Absatz 1 des Produktsicherheitsgesetzes als verkehrsfähig angesehen werden, dürfen abweichend von § 2 Absatz 1 Nummer 1 der PSA-Benutzungsverordnung durch den Arbeitgeber ausgewählt und den Beschäftigten bereitgestellt werden.

MedBVSV vom 25.05.2020 (Hervorhebungen durch mich)

Nun stellt sich natürlich die Frage was ein Wirtschaftsakteur im Sinne des Artikels 3 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2016/425 ist.

Artikel 3 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
8. „Wirtschaftsakteure“ Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer und Händler;

Verordnung (EU) 2016/425

Also ist die Frage ob der CPA-Prüfgrundsatz nach § 9 Abs. 2 auch für das Bundesministerium für Gesundheit anzuwenden wäre, stellt sich eigentlich nicht, da es ja Einführer ist. Aber der Reihe nach. Erstmal die Informationen aus der Bundestag Drucksache 19/21798 vom 21.08.2020:

4. In welcher Form hat die Bundesregierung dafür gesorgt, dass zu den im Rahmen des Beschaffungsverfahrens als mangelhaft identifizierten Masken ein Warnhinweis im Schnellwarnsystem der EU für Verbraucher-schutz (RAPEX) ergeht?
5. Wie ist es nach Einschätzung der Bundesregierung zu erklären, dass von den mehr als 80 Warnmeldungen zu Schutzmasken, die von den Mit-gliedstaaten an das RAPEX-System gemeldet wurden, nur eine einzige aus Deutschland stammt? Sieht die Bundesregierung hier Handlungsbedarf?

Die Fragen 4 und 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Das EU-weite Meldesystem soll vor Produkten warnen, die aufgrund der CE-Kennzeichnung grundsätzlich EU-weit verkehrsfähig sind, aber gegen europa-weit geltende Normen und Sicherheitsbestimmungen verstoßen. Genau diese Situation besteht im Bereich der durch das Sonderrecht des Bundes als verkehrsfähig geltenden CPA-Masken gerade nicht. Vom Bund beschaffte CPA-Masken sind nicht aufgrund einheitlicher Normen EU-weit, sondern aufgrund von nationalen Sonderregelungen jeweils nur für einen lokal und sachlich be-grenzten Personenkreis bestimmt.
RAPEX-Meldungen werden von den fachlich und örtlich zuständigen Markt-überwachungsbehörden ausgelöst. Hierzu liegen allen Beteiligten entsprechen-de Kriterien, z. B. in Form der RAPEX Leitlinien, vor. Die Bundesregierung verfügt im Bereich PSA über keine eigene fachlich zuständige Marktüberwa-chungsbehörde, so dass sie in der Folge keine RAPEX Meldungen auslösen kann. RAPEX-Meldungen der Marktüberwachungsbehörden werden vom deut-schen RAPEX Contact Point in der BAuA auf Vollständigkeit und Schlüssig-keit geprüft und zur Validierung an die EU KOM übermittelt.

Bundestag Drucksache 19/21798 vom 21.08.2020 Seite 10

Jetzt ist es interessant was für Pflichten eigentlich als Einführer (nach MP-PSA-BeschaffungsVO) so bestehen:

Artikel 10 Pflichten der Einführer
(2) Bevor sie PSA in Verkehr bringen, gewährleisten die Einführer, dass das einschlägige, in Artikel 19 genannte Konformitätsbewertungsverfahren vom Hersteller durchgeführt wurde. Sie gewährleisten, dass der Hersteller die technischen Unterlagen erstellt hat, dass die PSA mit der CE-Kennzeichnung versehen ist und ihr die erforderlichen Unterlagen beigefügt sind und dass der Hersteller die Anforderungen des Artikels 8 Absätze 5 und 6 erfüllt hat.
Ist ein Einführer der Auffassung oder hat er Grund zu der Annahme, dass eine PSA nicht mit den anwendbaren grundlegenden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen nach Anhang II übereinstimmt, darf er diese nicht in Verkehr bringen, bevor die Konformität der PSA hergestellt ist. Wenn mit der PSA ein Risiko verbunden ist, unterrichtet der Einführer außerdem den Hersteller und die Marktüberwachungsbehörden hiervon.

EU-Verordnung (EU) 2016/425 (Hervorhebungen durch mich)

Hier geht es noch nicht um das Inverkehrbringen (kommt später), sondern um die Pflichten des Einführer vor dem Inverkehrbringens. Wenn also eine Prüfung eine Risiko ergibt, so unterrichtet der Einführer den Hersteller UND die Marktüberwachungsbehörde hiervon. Warum ist das so interessant?

Inzwischen wurden mit Stand 12. August 2020 über 5.400 Prüfverfahren mittels Checklisten-Prüfung und über 3.000 Laborprüfungen durchgeführt. 20 Prozent der geprüften Masken bestanden die Checklisten-Prüfung nicht. Nur die Masken, die die Checklistenprüfung bestanden, wurden einer Laborprüfung un-terzogen. Von den im Labor geprüften Masken (fast ausschließlich partikelfiltrierende Halbmasken) bestanden 40 Prozent nicht.
Die bei diesen Prüfungen festgestellten Mängel betreffen unterschiedliche Prüfgegenstände. Eine von EY durchgeführte Auswertung der Fehlerquellen bei den Checklisten- und Laborprüfungen kam zu folgendem Ergebnis:
Bei den Checklisten-Prüfungen lagen Mängel in 680 Fällen bei Aussehen und Farbe, in 387 Fällen beim Material (z. B. Fixierbänder, Nasenbügel), in 252 Fällen bei Form und Passform, in 152 Fällen beim Geruch, in 89 Fällen bei Labeling, Dokumenten und Zertifikaten sowie in 55 Fällen bei anderen Eigenschaften (Haptik, Design, Verpackung, Vollständigkeit) vor. Bei den Laborprüfungen lagen Mängel in 790 Fällen beim Atemwiderstand und in 543 Fällen bei der Durchlassprüfung vor. Hierbei kam es zu Mehrfachnennungen von Mängeln bei einzelnen geprüften Masken.

Bundestag Drucksache 19/21798 vom 21.08.2020 Seite 6 (Hervorhebungen durch mich)

Es gibt als mehr als nur Hinweis auf ein Risiko was von dem „Schutzmasken“ ausgeht. Diese „Schutzmasken“ können auch auf anderen Wegen nach Deutschland oder die EU gelangen. Bezahlt worden sind die Prüfungen (die bis heute nicht hinsichtlich der Kosten beziffert werden können) aus Steuergeldern. Die Ergebnisse flossen jedoch nicht in die Marktüberwachung ein und somit wurde eine riesige Datenbasis für den Schutz der Gesundheit und des Lebens der Marktüberwachung vorenthalten. (Mehr dazu unter Herausgabe der Prüfergebnisse)

Als das ganze nochmals Thema in der Bundestag Drucksache 19/28272 vom 27.04.2021 wurde antwortet die Bundesregierung:

15. a) Welche Marktüberwachungsbehörde ist für die Überwachung der im Rahmen eines Beschaffungsvorgangs des Bundes eingeführten Medizinprodukte und persönlichen Schutzausrüstung sowie für die Abgabe von Atemschutzmasken (Masken-Hilfspaket) durch das BMG die zuständige Behörde, und welche Maßnahmen hat diese Behörde gegenüber der Bundesregierung in dieser Funktion unternommen?
b) Wenn keine Zuständigkeit einer Marktüberwachungsbehörde nach Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), EU 2016/425 oder MedBVSV besteht, wie ist dies zu begründen?
c) Wie viele Anträge nach § 9 Absatz 3 MedBVSV wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bei der jeweils zuständigen Marktüberwachungsbehörde gestellt, und wie viele entsprechende Bestätigungen wurden in der Folge ausgestellt?

Das Produktsicherheitsgesetz gilt einschließlich der darin vorgesehenen Meldepflichten nur, wenn „im Rahmen einer Geschäftstätigkeit“ Produkte auf dem Markt bereitgestellt, ausgestellt oder erstmals verwendet werden (§ 1 Absatz 1 Produktsicherheitsgesetz). Es gilt außerdem nicht für Medizinprodukte (§ 1 Absatz 3 Nr. 5 Produktsicherheitsgesetz). Das Produktsicherheitsgesetz einschließlich der Überwachung durch die Marktüberwachungsbehörden gilt daher nicht für den Bund, da dieser nicht im Rahmen einer Geschäftstätigkeit tätig wird.
Das Medizinproduktegesetz findet dagegen grundsätzlich auch auf den Bund Anwendung. Für die Überwachung der vom Bund beschafften CPI-Masken sind somit das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), Berlin (Ministeriumssitz in Berlin), und die Bezirksregierung Köln (Ministeriumssitz in Bonn) zuständig.
Für die Erteilung von Sonderbestätigungen nach § 9 Absatz 3 MedBVSV sind die Marktüberwachungsbehörden der Länder zuständig. Der Bund kann hierzu keine Aussage treffen.

Bundestag Drucksache 19/30186 vom 31.05.2021 Seite 16-17 (Hervorhebungen durch mich)

Das ist jetzt etwas umfangreicher und sehr aufschlussreich:

  1. Die Bundesregierung verweist nur auf die Meldepflichten nach Produktsicherheitsgesetz „im Rahmen einer Geschäftstätigkeit“. Dass es Pflichten als Einführer nach PSA-Verordnung (EU) 2016/425 gibt, wird unterschlagen. Auch, dass der Rahmen einer Geschäftstätigkeit dazu gedacht ist Privatverkäufe (z.B. Flohmarkt, ebay, …) auszunehmen, wird nicht erkannt. Auch wird hier nur auf eine Geschäftstätigkeit und nicht auf wirtschaftliches oder gewerbliches Handeln abgestellt. (Witz am Rande: Es gibt den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Aber vielleicht finden hier ja keine Tätigkeiten statt.)
  2. Die Zuständigkeiten der Marktüberwachungsbehörden nach PSA-Verordnung (EU) 2016/425 und MedBVSV (eine Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit) wird überhaupt nicht ausgeschlossen.
  3. Da die Bundesregierung nicht einmal Auskunft über die eigenen Anträge nach MedBVSV § 9 Abs. 3 geben kann, führt zu dem Rückschluss, dass keine Anträge gestellt worden sind.

Der letzte Punkt führt wiederum zur nächsten Aussage:

2.MedBVSV
a) Sonderbefugnis des Bundes zur zentralen Beschaffung, Lagerung, Herstellung und zum Inverkehrbringen nach § 2 Absatz 1 MedBVSV
§ 2 Absatz 1 MedBVSV sieht i. V. m. § 1 Absatz 3 MedBVSV die Befugnis des Bundesministeriums für Gesundheit vor, zu dem in § 1 Absatz 1 MedBVSV genannten Zweck Produkte des medizinischen Bedarfs auch für Stellen außerhalb der Bundesverwaltung selbst oder durch beauftragte Stellen zentral zu beschaffen, zu lagern, herzustellen und in den Verkehr zu bringen. Gemäß § 1 Absatz 1 MedBVSV dient diese Verordnung der Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Produkten des medizinischen Bedarfs während der vom Deutschen Bundestag am 28. März 2020 festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Produkte des medizinischen Bedarfs im Sinne dieser Verordnung sind nach § 1 Absatz 2 MedBVSV u. a. Medizinprodukte und Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung.
b) Inverkehrbringen von PSA-CPA-Masken durch Wirtschaftsakteure mit Sonderbestätigung der Marktüberwachungsbehörde auf der Grundlage des ZLS-Prüfgrundsatzes § 9 MedBVSV, der nur für PSA und nicht für Medizinprodukte gilt, ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen die Bereitstellung u. a. von partikelfiltrierenden Halbmasken durch Wirtschaftsakteure im Kontext der COVID-19-Bedrohung auch ohne förmliches Konformitätsbewertungsverfahren und ohne CE-Kennzeichen (sog. „Corona SARS-Cov-2-Virus Pandemie Atemschutzmasken“ oder „CPA-Masken“). „Wirtschaftsakteure“ sind nach Artikel 3 Nr. 8 Verordnung (EU) 2016/425 Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer und Händler, die ihrerseits wiederum in Artikel 3 Nr. 4 bis 7 der Verordnung (EU) 2016/425 definiert sind. Darüber hinaus geht § 2 Absatz 1 MedBVSV, soweit der Bund Hersteller, Bevollmächtigter, Einführer oder Händler ist, als speziellere Regelung der Regelung des § 9 MedBVSV vor.

Bundestag Drucksache 19/30186 vom 31.05.2021 Seite 8-9 (Hervorhebungen durch mich)

Vorab – es ist also ein Freibrief alles auszuliefern solange die epidemische Lage von nationaler Trageweite besteht. Die Sicherstellung der Versorgung wird sogar außerhalb von Versorgungsengpässen (siehe Rahmenbedingungen des Masken-Hilfspaketes) durchgeführt. Warum haben wir eigenlich noch eine freie Wirtschaft, wenn wie Versorgung auch außerhalb der Sicherstellung durch das Bundesministerium für Gesundheit erfolgt?

In der Bundestag Drucksache 19/21798 vom 21.08.2020 schreibt die Bundesregierung noch, dass der Bund CPA-Masken beschaffen würde. Damit würden diese unter die genannten Regelungen fallen.

Warum jegliches Handeln des Bundesministeriums für Gesundheit mit MedBVSV § 2 abgedeckt sein soll, erschließt sich mir nicht. § 9 nennt explizit alle Wirtschaftakteure und es wird extra nochmal die Definition einschließlich Einführer aufgeführt. Folglich würden keine weiteren Regelungen als diese Paragraph überhaupt gelten. Nicht einmal die Regelungen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens.

Das bringt uns wieder zum nächsten – dem Grundgesetz:

2. Verfassungsrechtliche Pflicht zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung als Kernaufgabe des Staates gemäß Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG

In dieser Situation war es Aufgabe des Staates, seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung gemäß Artikel vom 05. Mai 2021 – 1 BvR 781/21, 1 BvR 889/21, 1 BvR 854/21, 1 BvR 820/21, 1 BvR 805/21) nachzukommen und sein Hauptaugenmerk auf die Beschaffung qualitativ geeigneter Schutzmasken in möglichst großen Mengen zu legen.* Diese Verantwortlichkeit traf in erster Linie die Länder, die auch für den Krisenfall und die Versorgung der Bevölkerung mit Schutzmasken zuständig sind. Die Bundesregierung hat jedoch in dieser einmaligen Situation frühzeitig weitreichende Maßnahmen ergriffen, um die Verantwortlichen in den Ländern und im Gesundheitswesen bei ihrer Aufgabe der dauerhaften Versorgung mit Schutzausrüstung zu unterstützen.

Bundestag Drucksache 19/30186 vom 31.05.2021 Seite 8-9 (Hervorhebungen durch mich)

Es liest sich eher so als wollte man mitteilen, dass man nicht anders konnte, da die Länder ihren grundgesetzlichen Aufgaben nicht nachgekommen sind. Der Verweis auf das Grundgesetz hat jedoch eine Rückwirkung – das Bundesministerium für Gesundheit ist sich bewusst, dass es diese gibt und die PSA-Verordnung (EU) 2016/425 und MedBVSV § 9 sind genau dazu da diesen Schutz zu gewährleisten. Auch die wiederholte Nichtreaktion auf Hinweis zu Mängeln in den ausgelieferten „Schutzmasken“ zeigt nicht gerade ein verantwortungsvolles Handeln.